Lohnt sich das Nachrüsten?

Mit der Übernahme der Europäischen Verordnung für Brems­systeme bei landwirtschaftlichen Fahrzeugen stellt sich bei vielen die Frage: «Bremse ich zukünftig mit Öl oder mit Luft?»

Autor: Josef Amrein, Foto: bul
Lohnt sich das Nachrüsten?

Lohnt sich das Nachrüsten?

Laut Weisung des ASTRA vom 28. Mai 2020 darf zum aktuellen Stand bis am 31. Dezember 2025 ein neuer Anhänger mit einem zweileiter-hydraulischen Bremssystem (H2L) an einen Traktor mit hydraulischer Einleiter-Bremse (H1L) angekoppelt werden, wenn folgende Punkte erfüllt sind:

  • Es darf nur ein Anhänger mitgeführt werden.
  • Die zulässige Höchstgeschwindigkeit der Fahrzeugkombination beträgt 40 km/h.
  • Im Fahrzeug muss eine Eignungserklärung vom Hersteller oder Inverkehrbringer des Anhängers mitgeführt werden. In der Eignungserklärung muss bestätigt werden, dass das H2L-Bremssystem am Anhänger mit einer H1L-Bremsanlage am Traktor kompatibel ist.
  • Die Summe der Achslasten (gemäss Herstellerschild) darf 10 t nicht überschreiten. Das bedeutet, dass meist nur einachsige Anhänger oder Tandemanhänger für H2L/H1L-Kombinationen verwendet werden dürfen.
  • Bei abgestelltem Motor wird mit der Betätigung der Feststellbremse des Zugfahrzeugs automatisch die Bremse des Anhängers wirksam.
  • Verfügt der Anhänger über einen Druckspeicher, muss bei ungenügendem Druck im Sichtfeld des Fahrers eine Warnung angezeigt werden.

Die beiden letzten Punkte bringen Nachrüstungen am Traktor mit sich. Dabei muss beispielsweise am Handbremshebel ein Schalter und im Armaturenbrett eine Kontrollleuchte nachgerüstet werden. Bei der elektrischen Verbindung zwischen Traktor und Anhänger ist die Montage einer ABS-Steckdose erforderlich. Letztendlich stellt sich die Frage: «Lohnt sich diese Nachrüstung überhaupt?»

Nachrüstung von pneumatischen Zweileitersystemen

Darf nun bei einem älteren Traktor ein pneumatisches Zweileiter-Bremssystem (P2L) nachgerüstet werden? Laut AM Suisse wird man nicht zum Fahrzeug-Hersteller, wenn man ein zusätzliches Bremssystem aufbaut. Der Umbau muss jedoch von einer Fachwerkstatt ausgeführt werden. Es gibt mehrere Anbieter, die für nahezu alle bekannten Traktortypen komplette, passende pneumatische Zweileiter-Bremssystem-Bausätze liefern. Bei der Bestellung genügt es, Typ und Seriennummer des Fahrzeugs anzugeben. Es sollte darauf geachtet werden, dass ein Lufttrockner verbaut wird. Der Umbau muss mit einem Abnahmeprotokoll geprüft beziehungsweise unterschrieben werden.

Es werden folgende Punkte kontrolliert:

  • Ölkreislauf Kompressor dicht
  • elektrische Anlage in Ordnung
  • Bremspedalweg in Ordnung
  • Handbremsgestänge gesichert/gekontert
  • Riemenscheiben-Rundlauf
  • hydraulische Bremsanlage dicht
  • Dichtheit des Kühlsystems
  • Abschaltdruck des Druckreglers
  • Vorratsdruck in Ordnung, Druckverlust

Umbauten prüfen lassen

Dieser Umbau ist eine technische Änderung, und der Traktor muss somit dem Strassenverkehrsamt vorgeführt werden. Im Fahrzeugausweis wird der Code 198 mit folgendem Text eingetragen: «Zugfahrzug mit: Hydraulischer Einleiter-Bremse & Pneumatischer Zweileiter-EU-Bremse. Anhänger mit einer durchgehenden Bremse müssen mit entsprechendem Betriebssystem ausgerüstet sein.»

Wenn durch das Betätigen der Handbremse am Traktor gleichzeitig die Betriebsbremse des Anhängers angesteuert wird, ist eine Prüfstellung notwendig.
Mit der Prüfstellung kann beim Betätigen der Handbremse am Traktor ein Druckverlust in der Bremsleitung bei den Anhängern simuliert werden (Bremse am Anhänger wird gelöst). Somit kann sichergestellt werden, dass mit der Handbremse vom Traktor der Anhängerzug in einer Steigung oder einem Gefälle von 12 % gehalten werden kann (siehe Grafik).

 

Grafik Bremse Traktor Anhängerzug Quelle Josef AmreinDer Traktor muss die Fahrzeugkombination in einem Gefälle von 12 % sichern können.

 

Kostenfaktor Nachrüstung

Das Nachrüsten auf ein P2L-System kostet je nach Modell circa 6'500 – 9'500 CHF. Das mag für viele nach einem grossen Betrag aussehen. Auf dem Occasionsmarkt wird ein umgerüsteter Traktor jedoch zukünftig einen bedeutend höheren Preis erzielen. So gesehen kann sich eine Nachrüstung auch dann lohnen, wenn nur noch eine kurze Nutzungsdauer auf dem Betrieb geplant ist. Häufig wird vergessen, dass anhängerseitig die Komponenten für hydraulische Zweileitersysteme aufgrund der geringen Stückzahlen deutlich teurer bleiben werden. Dies trifft sowohl bei Nachrüstungen als auch bei neuen Anhängern zu.
Wird bei einem Transport- oder Arbeitsanhänger ein P2L-System aufgebaut, sieht die Sache etwas anders aus. Wer an einer Maschine etwas abändert, wird gemäss Maschinenrichtlinie zu deren Hersteller. Somit ist derjenige verpflichtet, eine Gefahrenanalyse der Maschine zu machen, was jedoch in den wenigsten Fällen korrekt umgesetzt wird. Als Hersteller muss der Umbauer eine Bremsberechnung vorlegen können. Im Weiteren muss er bestätigen, dass der Umbau der Achsen (Bremsen, Federn, Aufhängung) nach Herstellervorschrift fachgerecht montiert worden ist.

Bremssysteme im Lohnbetrieb

Viele Lohnunternehmer haben sich bereits heute für pneumatische Bremssysteme entschieden, da sich diese bewährt haben und auf schweren Fahrzeugen bereits länger verbreitet sind. Ein Lohnunternehmer hat in den meisten Fällen eine grössere Auslastung von Fahrzeugen und Maschinen und wird sich daher eher eine neue Maschine anschaffen. Die Frage nach dem Nachrüsten von pneumatischen Zweileiter-Bremssystemen bei Traktoren und Anhängern ist daher bei vielen Lohnunternehmern eher zweitrangig.

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Josef Amrein, Sicherheitsberater, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

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